Herzlich Willkommen auf           

TUT-MIR-GUT .com           

Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit
19.02.2010
Eine Aktualisierung anhand des Ernährungsberichts 2008
DGEinfo 01/2010 – Forschung, Klinik, Praxis

Überblick
Sekundäre Pflanzenstoffe sind Bestandteil unserer täglichen Ernährung. Sie sind in Obst, Gemüse, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Nüssen, Vollkornprodukten sowie fermentierten Lebensmitteln wie z. B. Sauerkraut enthalten und geben den pflanzlichen Lebensmitteln ihre Farbe. Sie dienen den Pflanzen als Abwehrstoffe gegen Fressfeinde oder mikrobiellen Angriff und wirken darüber hinaus als Wachstumsregulatoren. Sekundäre Pflanzenstoffe zählen bisher für den Menschen nicht zu den essenziellen Nährstoffen, haben aber Einfluss auf eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen. Es werden ihnen verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Sie schützen möglicherweise vor verschiedenen Tumorarten und vermitteln vaskuläre Effekte wie eine Erweiterung der Blutgefäße und eine Absenkung des Blutdrucks. Weiterhin entfalten sekundäre Pflanzenstoffe neurologische, entzündungshemmende und antibakterielle Wirkungen. Empfehlungen für die Zufuhr einzelner sekundärer Pflanzenstoffe können anhand der bisherigen Datenlage nicht gegeben werden. Möglicherweise ist für die Wirkung die Aufnahme von verschiedenen Pflanzenstoffen im Verbund eines Lebensmittels notwendig. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.(DGE) empfiehlt daher einen hohen Verzehr von Obst und Gemüse sowie weiterer pflanzlicher Lebensmittel, um eine gute Versorgung mit sekundären Pflanzenstoffen sicherzustellen.


Einleitung

Unter dem Sammelbegriff „sekundäre Pflanzenstoffe“ werden Substanzen sehr unterschiedlicher Struktur zusammengefasst. Bislang kennt man etwa 100000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, wobei 5000 bis 10000 in der menschlichen Nahrung vorkommen (Watzl 2008). Aufgrund ihrer chemischen Struktur und funktionellen Eigenschaften werden die sekundären Pflanzenstoffe in verschiedene Gruppen eingeteilt: Polyphenole, Carotinoide, Phytoöstrogene, Glucosinolate, Sulfide, Monoterpene, Saponine, Protease-Inhibitoren, Phytosterine und Lektine. Chlorophyll und Phytinsäure lassen sich zu keiner der genannten Gruppen zuordnen, gehören aber ebenfalls zu den sekundären Pflanzenstoffen. Der Kenntnisstand zur Bedeutung der sekundären Pflanzenstoffe für die Gesundheit des Menschen hat sich punktuell deutlich erweitert. Im Gegensatz zum Ernährungsbericht 2004 liegen heute zahlreiche Ergebnisse aus epidemiologischen Studien zum Einfluss der sekundären Pflanzenstoffe auf das Risiko für die Entstehung verschiedener Krankheiten vor. Die Ergebnisse der neuen Studien bestärken bisherige Einschätzungen, dass sekundäre Pflanzenstoffe bzw. pflanzliche Lebensmittel das Risiko für die Entstehung verschiedener Krankheiten senken können (DGE 2008).


Zufuhr
Der Mensch nimmt durch eine gemischte Kost jeden Tag schätzungsweise 1,5 g sekundäre Pflanzenstoffe auf. Die Aufnahme ist bei Vegetariern oftmals deutlich höher (Watzl 2008). Tabelle 1 gibt die durchschnittliche tägliche Zufuhrmenge von sekundären Pflanzenstoffen mit einer gemischten Kost (ohne Supplemente) an. Verbesserte Kenntnisse über Vorkommen und tägliche Zufuhr Insbesondere bei der Gruppe der Flavonoide hat sich der Kenntnisstand zum Vorkommen und zur täglichen Zufuhr aufgrund einer verbesserten Analytik vergrößert. Die Datenbanken des United States Department of Agriculture (USDA) beinhalten alle relevanten Flavonoidgruppen und ermöglichen eine umfassendere Aussage zur Flavonoidzufuhr und deren Assoziation zuKrankheitsrisiken. Bislang wurden Flavonoide in Lebensmitteln nur als Monomerequantifiziert. Viele Flavonoide, z. B. die Flavanole, liegen jedoch in den Lebensmitteln als Polymere (polymere Flavanole werden als Proanthocyanidine bezeichnet) vor. Unter Berücksichtigung der neuen Daten zum Vorkommen von monomeren und polymerenFlavanolen wird für die USA die Gesamtzufuhr an Flavonoiden (insgesamt 24verschiedene Verbindungen) mit ca. 190 mg/Tag angegeben. Daher kann auch fürDeutschland gegenüber dem Ernährungsbericht 2004 von einer deutlich höheren Flavonoidzufuhr ausgegangen werden

Neue Daten liegen auch für Phytoöstrogene (Lignane Monoterpene und Isoflavone) vor, u. a. aufgrund einer erweiterten Quantifizierung der Lignanzufuhr, Fortschritten in der Lignananalytik sowie der Entwicklung einer neuen Datenbank für die Isoflavone Genistein und Daidzein in Großbritannien. Anhand dieser Datenbank wurde fürGroßbritannien ein durchschnittlicher Genistein- und Daidzeinverzehr von 12 mg/Tagberechnet. Dieser ist mehr als doppelt so hoch wie der frühere Wert. Es wirdangenommen, dass bislang die Mengen an Isoflavonen, die beim technologischenEinsatz von Sojaprodukten in der Lebensmittelherstellung Verwendung fanden, über Ernährungsfragebögen nicht ausreichend  erfasst wurden.


Bioverfügbarkeit
Die Bioverfügbarkeit der sekundären Pflanzenstoffe ist sehr unterschiedlich. Dass die Bioverfügbarkeit eines sekundären Pflanzenstoffes auch von der Matrix abhängig ist, konnte in neueren Untersuchungen gezeigt werden. Eine sehr hohe (fast 100 %) Bioverfügbarkeit des Glucosinolat-Metaboliten Isothiocyanat wurde für Würzmittel wie Senf oder Meerrettich beobachtet. So führte der Verzehr von 5 g Senf zu einer vergleichbaren Konzentration an Isothiocyanat im Urin wie der Verzehr von 150 g rohem Weißkohl und zu einer 3-fach höheren Konzentration im Vergleich zu 150 g gekochtem Weißkohl. Daher sollten auch Würzmittel bei epidemiologischen Studien zur gesundheitlichen Bedeutung der Glucosinolate Berücksichtigung finden. Für unerhitztesGemüse lagen die Bioverfügbarkeitswerte im Vergleich zu den Würzmitteln bei 61 %. Allgemeine Aussagen zur Beeinflussung des Glucosinolatgehalts durch das Erhitzen können nicht getroffen werden, da die Art und Weise, wie Kohlgemüse zubereitet wird (z. B. Dünsten, Mikrowelle), die Erhitzungsdauer und ob das Kochwasser mit verwendet wird oder nicht, den Glucosinolatgehalt um 20 % bis 80 % verringern kann.


Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkungen

Im Gegensatz zum Ernährungsbericht 2004 liegen heute zahlreiche Ergebnisse aus epidemiologischen Studien zum Einfluss von sekundären Pflanzenstoffen auf das Risiko für die Entstehung verschiedener Krankheiten vor. Für manche Einflüsse, z. B. die entzündungshemmende Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen, wurden jedoch viele Studien in vitro durchgeführt, so dass keine direkte Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen möglich ist. Ebenso ist das Spektrum der potenziell antikanzerogen wirkenden sekundären Pflanzenstoffe und ihrer Metabolite bisher erst ansatzweise erforscht. Außerdem kann angenommen werden, dass bisher nicht alle relevanten sekundären Pflanzenstoffe identifiziert und auch noch nicht alle Wirkungen der bishe bekannten sekundären Pflanzenstoffe erforscht sind. Tabelle 3 gibt einen Überblick über mögliche gesundheitliche Wirkungen von sekundären Pflanzenstoffen. Im Folgenden werden die Gruppen sekundärer Pflanzenstoffe charakterisiert und die im Ernährungsbericht beschriebenen neuen Ergebnisse aus Humanstudien aufgeführt.


Polyphenole

Man unterscheidet bei den Polyphenolen die beiden Untergruppen Phenolsäuren und Flavonoide. Zu den Phenolsäuren zählen Hydroxyzimtsäuren und Hydroxybenzoesäuren. Phenolsäuren sind für den herben, bitteren Geschmack von zahlreichen Lebensmitteln verantwortlich und kommen in Kaffee, Vollkorn, Weißwein und Nüssen vor. Flavonole, Flavanole, Flavanone, Flavone, Anthocyane und Isoflavonoide gehören zu den Flavonoiden. Flavonoide sind als Pflanzenfarbstoffe verantwortlich für die rote, blaue, hellgelbe und violette Farbe vieler Gemüse- und Obstarten und sind beispielsweise in Äpfeln und Zwiebeln sowie in Soja und Tee enthalten. Neuerdings ist bekannt, dass viele Flavonoide als Polymere, sogenannte Proanthocyanidine, vorliegen. Proanthocyanidine sind die am häufigsten vorkommenden Polyphenole in der Nahrung. Sie kommen in Beeren, Rotwein, Äpfeln, Tee, Nüssen und Schokolade vor. Polyphenole haben vermutlich zahlreiche gesundheitsrelevante Wirkungen beim Menschen (in vitro und im Tier ist dies belegt).


Krebsrisiko

Wie im Ernährungsbericht 2008 geschildert, zeigten Ergebnisse aus Fall-Kontroll-Studien ein verringertes Risiko für Brustkrebs bei einer erhöhten Zufuhr bestimmter Flavonoide (signifikante Risikosenkung bei einer Flavonoidmenge, die mit einem Apfel oder einer halben Tasse grünem Tee aufgenommen wird). Auch wurde ein verringertes Dickdarmkrebsrisiko bei erhöhter Zufuhr bestimmter Flavonoide festgestellt, was durch Ergebnisse einer prospektiven Studie bestätigt wurde.


Vaskuläre Effekte und Herz-Kreislauf-Krankheiten

In Humanstudien führte die Zufuhr von Flavanolen und Procyanidinen zur Erhöhung der Plasmakonzentrationen von Flavonoiden und zu einer Erweiterung der Blutgefäße. In der ersten randomisierten, placebokontrollierten Studie zum Einfluss des Flavonols Quercetin auf den Blutdruck konnte nach 4-wöchiger Supplementierung bei Personen mit gering erhöhtem Blutdruck eine signifikante Absenkung des Blutdrucks festgestellt werden. Eine weitere Studie belegte eine signifikante Hemmung der Blutplättchenaggregation nach oraler Zufuhr eines natürlichen Quercetinglykosids, wodurch das Thromboserisiko reduziert werden könnte. Hinweise auf ein verringertes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten bei erhöhter Zufuhr bestimmter Flavonoidestammen aus einer prospektiven Studie und einer Fall-Kontroll-Studie.


Neurologische Wirkungen und kognitive Fähigkeiten

Laut Ernährungsbericht 2008 haben Studienergebnisse aus Zellkulturen und Tierversuchen gezeigt, dass der positive Einfluss bestimmter Obst und Gemüsearten auf kognitive Fähigkeiten durch sekundäre Pflanzenstoffe wie die Flavonoide Fisetin und Epicatechin zu erklären ist. Auch erste epidemiologische Daten unterstützen die experimentellen Ergebnisse. Die Datenlage lässt es jedoch nicht zu einzuschätzen, in wieweit Flavonoide beim Menschen einen Schutz gegenüber neurodegenerativen Veränderungen darstellen.


Sonstige Wirkungen

Ergebnisse von in-vitro-Studien weisen auf eine entzündungshemmende Wirkung vonsekundären Pflanzenstoffen hin. Übereinstimmend damit zeigten Interventionsstudien,  dass eine an Obst und Gemüse reiche Ernährung die Konzentration verschiedener Entzündungsparameter senken kann.



Carotinoide

Von den über 700 verschiedenen Carotinoiden haben nur etwa 50 Provitamin A-Aktivität.
Man unterscheidet sauerstoffhaltige und sauerstofffreie Untergruppen. Die sauerstofffreien Carotine – dazu gehören α- und β-Carotin sowie Lykopin – kommen v. a. in orange-gelb-rotem Obst und Gemüse vor. Die sauerstoffhaltigen Xanthophylle wie Lutein, Zeaxanthin und β-Cryptoxanthin findet man überwiegend in grünblättrigem Gemüse. Bei den Xanthophyllen kann es abhängig von der Erhitzungsdauer zu Nährstoffverlusten kommen; Carotine hingegen sind hitzestabil. Insgesamt reagieren Carotinoide labil gegenüber Licht und Sauerstoff.


Krebsrisiko

Wie im Ernährungsbericht 2008 geschildert, konnte in einer prospektiven europäischen Studie bei hoher Carotinoidkonzentration im Plasma sowohl bei Rauchern als auch bei Nichtrauchern ein verringertes Krebsrisiko (alle Krebsarten) bei über 70-jährigen Personen beobachtet werden. Prospektive Studien lassen den Schluss zu, dass der Verzehr carotinoidreicher Gemüse- und Obstarten in der Primär- und Sekundärprävention von Brustkrebs wichtig ist. Intensiv wird an der Wirkung von Lykopin in der Primärprävention von Prostatakrebs geforscht; bisherige Studien lassen jedoch keine eindeutigen Aussagen zu. Tierstudien zeigen, dass Einzelsubstanzen wie Lykopin allein wahrscheinlich nicht für die protektive Wirkung von Gemüse und Obst verantwortlich sind. Es wird vermutet, dass für präventive Wirkungen von Lykopin nur geringe Mengen erforderlich sind.


Risiko für Augenerkrankungen

Neben der antikanzerogenen Wirkung wird auch ein Zusammenhang zwischen der Carotinoidzufuhr und dem Risiko für die Entstehung der altersbedingten Makula-Degeneration (AMD) vermutet. Laut Ernährungsbericht 2008 ist besonders bei einerm hohen Zufuhr von Zeaxanthin mit der Nahrung, aber auch von Lutein, in prospektiven Kohortenstudien ein geringeres AMD-Risiko beobachtet worden, jedoch konnten andere Studien keine Risikobeeinflussung in Abhängigkeit von der Zeaxanthin- bzw. Luteinzufuhr feststellen. Um gesicherte Aussagen treffen zu können, sind weitere Studien notwendig.


Phytoöstrogene

Phytoöstrogene werden in drei Strukturklassen eingeteilt: Isoflavone, Lignane und Coumestane. Lignane sind am weitesten verbreitet. Sie interagieren mit den menschlichen Östrogenrezeptoren und können dadurch die Aktivität der körpereigenen Östrogene nachahmen oder blockieren. Phytoöstrogene kommen beispielsweise in Vollkornprodukten und Leinsamen vor.


Krebsrisiko

Lignanen und anderen Leinsameninhaltsstoffen wird eine antikanzerogene Wirkung zugesprochen. Im Ernährungsbericht 2008 beschriebene Fall-Kontroll-Studien zur Zufuhr von Lignanen und zur Konzentration von bakteriellen Lignanmetaboliten im Plasma zeigten ein verringertes Dickdarmkrebsrisiko bei erhöhter Zufuhr bzw. Plasmakonzentration. Bei postmenopausalen Frauen mit hoher Lignanzufuhr konnte eine signifikante Reduktion des Brustkrebsrisikos festgestellt werden. Die präventive Wirkung kann durch strukturell verschiedene Lignane, die unterschiedliche metabolische Kapazität der Darmflora sowie den Genotyp des Menschen beeinflusst werden. Für Lungen-, Prostata- und Gebärmutterschleimhautkrebs wurde laut Ernährungsbericht 2008 bei hoher Lignan- oder Isoflavonzufuhr ein signifikant verringertes Erkrankungsrisiko berechnet. Insgesamt bleibt die Datenlage für den Einfluss der Isoflavonzufuhr auf das Risiko für Prostata- sowie für Brustkrebs widersprüchlich. Eine Erklärung dafür könnte auch die Art der Isoflavonquellen in Form verschiedener Lebensmittel sein.


Herz-Kreislauf-Krankheiten

Bei erstmaliger Untersuchung im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie konnte weder für Lignane noch für Isoflavone bei insgesamt niedriger Zufuhr ein protektiver Effekt in Bezug auf kardiovaskuläre Krankheiten gezeigt werden. Knochenstoffwechsel Eine positive Wirkung von Phytoöstrogenen auf den Knochenstoffwechsel wird diskutiert. Wie im Ernährungsbericht 2008 geschildert, haben verschiedene Studien die Bedeutung der Isoflavone für die Knochendichte untersucht. Bisher sind die Ergebnisse widersprüchlich und es bleibt abzuwarten, inwieweit durch einen etwaigen positiven Einfluss auf die Knochendichte langfristig das Risiko für Knochenbrüche gesenkt werden kann.


Sonstige Wirkungen

Die Bedeutung von Isoflavonen für die Prävention klimakterischer Beschwerden wird anhand einer Meta-Analyse weiterhin kontrovers diskutiert und als nicht überzeugend eingestuft.

Glucosinolate

Glucosinolate sind in Senf, Rettich, Kohl, Kresse und Radieschen enthalten und verleihen diesen als scharf schmeckende Aromastoffe ihren typischen Geschmack. Verarbeitungsverluste können durch ihre Hitzelabilität und durch Auslaugen beim Garen in Wasser entstehen.


Krebsrisiko

Einen antikanzerogenen Wirkungsmechanismus der sekundären Pflanzenstoffe stellt wie im Fall der Glucosinolate die Wechselwirkung mit dem Hormonstoffwechsel dar. Glucosinolatmetabolite wie das Indol-3-carbinol besitzen eine Östrogenwirkung und spielen dadurch möglicherweise eine Rolle bei der Prävention hormonabhängiger Tumorarten (z. B. Brustkrebs). In einer Fall-Kontroll-Studie an gesunden Frauen und Frauen mit Brustkrebs hatte die Gruppe mit der höchsten Isothiocyanatausscheidung ein um 50 % verringertes Brustkrebsrisiko im Vergleich zu der Gruppe mit der niedrigsten Ausscheidung. Andererseits war die Höhe des Verzehrs von Kohlgemüse als wesentlichem Lieferanten von Isothiocyanaten nicht signifikant mit dem Brustkrebsrisiko assoziiert. Daraus ist zu schließen, dass die Ergebnisse von Verzehrserhebungen durch Untersuchung von Biomarkern ergänzt werden sollten. Bei Blasenkrebs wurde keine protektive Wirkung von Kohlgemüse beobachtet, bei Lungenkrebs eine vom Genotyp abhängige Risikosenkung bei hohem Gemüseverzehr.


Sulfide
Sulfide sind schwefelhaltige Verbindungen, die vor allem in Knoblauch, Zwiebeln und Lauch vorkommen. Den Sulfiden wird eine antikanzerogene Wirkung zugeschrieben. Wie im Ernährungsbericht 2008 geschildert, ergab die Auswertung von 8 europäischen Fall-Kontroll-Studien, dass ein hoher Verzehr von Zwiebeln und Knoblauch (mehr als 1 Portion täglich) mit einem bis zu 88 % verringerten Krebsrisiko assoziiert war. Bisher wurde in Knoblauch als Hauptwirkstoff vorwiegend das Allicin untersucht. Untersuchungen der letzten Jahre deuten allerdings darauf hin, dass bis dahin wenig berücksichtigte Abbauprodukte des Allicins wie Diallyltrisulfid und -tetrasulfid ebenfalls gesundheitsfördernde Wirkungen ausüben. Da große Unterschiede im Gehalt an Allicinabbauprodukten in sulfidhaltigen Lebensmitteln vorliegen können, könnte dies die kontroversen Ergebnisse von humanen Interventionsstudien, die mit Knoblauch oder
Knoblaucherzeugnissen durchgeführt wurden, erklären.

Risiko durch isolierte sekundäre Pflanzenstoffe
Die isolierte Zufuhr einzelner sekundärer Pflanzenstoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln kann nicht empfohlen werden. Dosisabhängig können isolierte sekundäre Pflanzenstoffe negative Wirkungen haben; z. B. führte als Supplement gegebenes β-Carotin zu einem erhöhten Krebsrisiko bei Rauchern und Asbestarbeitern. Diskutiert wird, ob eine starke Erhöhung der Phytosterinzufuhr über angereicherte Lebensmittel das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten in der Allgemeinbevölkerung erhöhen könnte. Diese Frage ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt, mehrere Studienergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass eine Risikoerhöhung unwahrscheinlich ist (DGE 2008). Dessen ungeachtet sei daran erinnert, dass mit Phytosterolen angereicherte Produkte nur von Personen mit erhöhten Blutcholesterolkonzentrationen verzehrt werden sollten (BfR 2008). Der gegenwärtige Trend der Lebensmittelindustrie, funktionelle Lebensmittel auf der Basis einer Anreicherung mit sekundären Pflanzenstoffen auf den Markt zu bringen, bringt die Gefahr einer Überdosierung mit sich. Die Sicherheit derartiger Maßnahmen kann heute noch nicht abgeschätzt werden.

Gesundheitsförderung durch eine hohe Zufuhr pflanzlicher Lebensmittel Der gegenwärtige Kenntnisstand über die Bedeutung der sekundären Pflanzenstoffe reicht noch nicht aus, um Zufuhrempfehlungen für einzelne sekundäre Pflanzenstoffe abzuleiten. Möglicher eise ist für die Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe auch die Wirkung im Verbund notwendig. Deshalb wird nach wie vor ein hoher Verzehr von Obst und Gemüse (650 g/Tag) sowie weiterer pflanzlicher Lebensmittel, möglichst in wenig verarbeiteter Form, empfohlen. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sind die den Daten zum DGE-Ernährungskreis entsprechenden Empfehlungen der DGE angemessen, um eine hohe Versorgung mit gesundheitsfördernden sekundären Pflanzenstoffen sicherzustellen.
Referat Wissenschaft



Literatur
• Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Menschen mit normalen Cholesterin sollten auf den Verzehr von Lebensmitteln mit zugesetzten Pflanzensterinen verzichten.
Stellungnahme Nr. 042/2008 des BfR vom 3. September 2008 2.
• Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Ernährungsbericht 2004. Bonn (2004) 325–346
• Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Ernährungsbericht 2008. Bonn (2008) 335–346
• Watzl B: Sekundäre Pflanzenstoffe – viel hilft viel? Ernährungs Umschau 55 (2008) 486–487

zurück zur Seite